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2012-10-20

Wurden Pulsnitzer Ratsprotokolle frisiert? (Sächsische Zeitung - Kamenz)

Von Reiner Hanke

Gerade bei der Debatte ums Schul-Aus in Oberlichtenau soll es passiert sein. Die Stadt weist das strikt zurück. Es sei eine Panne gewesen, so der Bürgermeister.
Kaum ist ein bisschen Ruhe im Streit um die Zukunft der Grundschule in Oberlichtenau eingekehrt, zieht das nächste Gewitter über dem Rathaus auf. Das Protokoll der Ratssitzung vom 18.September soll manipuliert worden sein. Wieder geht es um das Dauerthema Schule. Die Veränderungen fielen Stadtrat Maik Förster auf.

Nachzulesen ist die Niederschrift für die Räte als offizielles Dokument in einem internen Online-Bereich der Stadt Pulsnitz. Zumindest bis gestern Mittag war das so. Das Protokoll der Aufzeichnung trägt das Datum 9.Oktober. Aber es gibt auch noch eine weitere Fassung vom 1.Oktober. Die stand bisher nicht im Internet, sondern ging den Räten bereits eher zu. Beim Vergleich fielen Stadtrat Förster Veränderungen auf, und die Alarmglocken schrillten. Es fehlte eine Passage. Dabei geht es um die wesentliche Aussage „... wie die Grundschule Oberlichtenau auf Sicht, nicht innerhalb der nächsten 1 bis 2 Jahre, zu schließen ist“. Was nicht bedeute, dass dieses Ziel verworfen wurde. Maik Förster sagt: „Offenbar wittert die Verwaltung, dass die Bürger aus Oberlichtenau die Grundschule auch mit Rechtsmitteln verteidigen werden.“ Das will die Stadt vermeiden. In der Ratssitzung vom September verpackte sie die bittere Wahrheit von den Schulschließungsplänen in einer sogenannten Handlungsempfehlung statt in einem Beschluss durch den Stadtrat. Gegen den könnte geklagt werden, gegen eine Empfehlung nicht. Der Rat stimmte mit großer Mehrheit zu.

Noch ein peinlicher Fehler

Die Empfehlung wurde mit dem bewussten Nachsatz versehen. Diese verbindliche Aussage zum Schul-Aus verleihe dem Ganzen Beschluss-Charakter, argumentieren die Oberlichtenauer Abgeordneten. Beim Feilen an der Niederschrift passierte noch ein peinlicher Fehler. Wieder bei dem Punkt zum Thema Schule. Dort wurden die Ergebnisse vertauscht. Somit hätten sich in der Empfehlung fürs Rathaus 13 Räte für den „dauerhaften Erhalt“ der Schule ausgesprochen, statt für das Aus. Inzwischen forderte Förster das Protokoll erneut an und erhielt wieder die Fassung vom 1.Oktober, mittlerweile abgesegnet vom Stadtrat. Damit liege vielleicht keine Straftat mehr vor, so Förster. Aber es bleibe der Verdacht, eines missglückten Versuchs, die Niederschrift zu frisieren. Das Ganze stifte nicht nur Verwirrung, sondern schade der ohnehin angeknackste Vertrauensbasis zwischen Stadt und Ortsteil.

Bürgermeister Peter Graff (FDP) fiel gestern aus allen Wolken bei dieser Nachricht. Von zwei Versionen sei ihm nichts bekannt. Die gültige sei die mit dem Datum 1.Oktober. Die zweite Version ist aber nicht wegzudiskutieren. „Das ist furchtbar“, so Graff. Er müsse prüfen, wie dieser fatale Fehler entstehen konnte. Den Verdacht von Stadtrat Förster könne er nachvollziehen, aber er sei falsch. Graff versichert: „Ich hatte nie den Gedanken, auch nur eine Zeile zu korrigieren.“ Gerade, weil die Angelegenheit so sensibel sei. Es hätte auch keinen Sinn. Graff geht davon aus, dass die strittige Passage absolut keinen Einfluss auf einen Rechtsstreit hat. Die Empfehlung bleibe eine Empfehlung und werde nicht zum rechtswirksamen Beschluss. Alles andere sei Wortklauberei. Allerdings werde nicht immer alles wortwörtlich ins Protokoll übernommen, so Graff. Es müsse sich um einen früheren Entwurf der Abschrift handeln, der ins Netz geraten ist. Denn er habe die Niederschrift selbst mit dem Mitschnitt abgeglichen, um Differenzen zu verhindern, sagt der Rathauschef. Aber wie passt das zu dem späteren Datum der Internetfassung? Es bleiben Ungereimtheiten.Und, dass gerade der umstrittene Halbsatz fehlte, muss einfach stutzig machen. Der ganze Vorgang werde geprüft, verspricht Graff.

Die Sache ist nicht erledigt

Sanierungsdruck und der absehbare Schülermangel hatten die hitzige Schuldiskussion entfacht. Dabei war zuletzt wieder etwas Ruhe eingezogen. In Oberlichtenau sucht man derzeit fieberhaft nach Alternativen, um die Schule zu erhalten. Auch die Stadt hatte zugesichert, in allen Richtungen zu prüfen, ob und wie die Einrichtung doch noch zu retten ist. Und prüfen heiße nicht schließen, so Bürgermeister Peter Graff Anfang der Woche. Daran habe sich nichts geändert. Dass gerade jetzt so eine Panne passieren muss, mache ihn richtig wütend. Es bringe wieder neue Unsicherheiten. Die Dokumente würden sofort ausgetauscht. Über weitere Konsequenzen könne er noch nichts sagen, so Graff. Auch für Stadtrat Förster ist die Sache nicht erledigt.Auf ein Wort