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2009-02-07

Richard Wurmbrand: ein christlicher Märtyrer unserer Tage

Wurmbrand, Richard, luth. Pfarrer, *24. März 1909 in Bukarest, Rumänien als vierter Sohn einer deutsch-jüdischen Zahnarztfamilie. + 17.02.2001 in Los Angeles.
R.W. gehörte in Rumänien gleich zwei Minderheiten an: der deutschen und der jüdischen. Seine Eltern waren keine praktizierenden Juden. 1918 starb Richards Vater und die Familie verarmte. Mit 16, sagte er später, war er ein glühender Kommunist und Atheist.
Im Rumänien der 30er Jahre machte Richard Wurmbrand sein Glück als Geschäftsmann. Gerissen und nicht immer ehrlich brachte er es zu Wohlstand und beteiligte sich am ausgelassenen Leben der rumänischen Hauptstadt, das „Paris des Balkans“.
1936 heiratete er Sabine Oster, die ebenfalls jüdischer Abstammung war und wie Richard mit der Religion gebrochen hatte. 1938 wurde ihr einziges Kind, Sohn Michael geboren. Später adoptierten sie noch einen Jungen. Das frivol-ausschweifende Leben fand ein Ende, als bei R.W. Tuberkulose festgestellt wurde und er mit seinem Tod rechnete. Er ging zur Erholung in die Berge. Dort traf er einen gläubigen Zimmermann, der ihm ein Neues Testament schenkte und mit ihm über Jesus Christus sprach. R.W. war überwältigt von der Person Jesu. Christus war selbstlos, er selbst gierig nach allem. „Es gab keinen Zweifel“, schreibt R.W., „Er muss Gott sein.“ Seine Frau Sabine, die ihn erst für verrückt hielt, ließ sich ein halbes Jahr später ebenfalls taufen.
Im präfaschistischen, latent antisemitischen Rumänien waren die Kirchen Juden gegenüber feindselig und R.W. fand zuerst keine Kirche, die ihn aufnehmen wollte. Schließlich stieß er auf die „Anglikanische Mission für Juden“, bei der er eine Anstellung fand. R.W. wurde zum Pastor ausgebildet und ordiniert. In seiner Kirche und in seinem Privathaus fanden die Juden Zuflucht und Schutz vor der einsetzenden antisemitischen Verfolgung. In seinen Predigten sprach er offen über das Unrecht des Terrors. Seine Frau verlor in den KZs ihre ganze Familie: Eltern und vier Geschwister.
Zwischen 1941 und 1944 war R.W. oft inhaftiert und geschlagen worden, weil er Jude und Protestant war. Mit dem Einmarsch der Roten Armee und der Machtübernahme der Kommunisten nahm die Verfolgung für R.W. und seine Gemeinde kein Ende. Im Gegenteil.
R.W. setzte sich zum Ziel, unter den sowjetischen Soldaten zu missionieren. Um die kommunistisch erzogenen Soldaten zum Lesen seiner Traktate zu bewegen und um die Zensur zu umgehen, betitelte er sie mit: „Jesus, der arbeitende Proletarier“ oder „Jesus – er wirft die Kapitalisten aus dem Tempel.“ In der einsetzenden Christenverfolgung wurde die Gemeinde R.W.s erneut zu einem Zufluchtsort. R.W. wurde Mitarbeiter der Norwegischen Mission und als lutherischer Pfarrer ordiniert, die dem Weltkirchenrat beigeordnet war. Das versprach zunächst etwas Schutz.
1947 setzte eine neue Zeit des Terrors in Rumänien ein. Jede Opposition wurde verfolgt, Tausende erschossen oder inhaftiert. Organisierte Banden stürmten R.W.s Gottesdienste und versuchten sie mit Geschrei zu stören. R.W. verkündigte offen, dass Christen zuerst ihrem Herren Jesus Christus Treue schuldeten und einer atheistischen Partei nicht dienen könnten. Da die Kirchenführer begannen, in Verkündigung und Jugendarbeit den Kommunisten Zugeständnisse zu machen, gründete R.W., nach dem Vorbild russischer Christen, sogenannte Untergrundgemeinden. Am 29. Februar 1948 begab sich R.W. zu seiner Kirche als er von der Straße weg verhaftet wurde. Tagelang wurde er verhört und gefoltert. Er sollte die Namen von Pfarrern und Gemeindemitgliedern verraten. Doch er weigerte sich. Die Gefangenschaft dauerte 8 Jahre bis 1956. Drei Jahre verbrachte er in strenger Einzelhaft in unterirdischen Kerkern, ohne Sonnenlicht oder Geräuschen der Außenwelt. Unter der Auflage, nicht mehr zu predigen, wurde er amnestiert. Drei Jahre später wurde er erneut verhaftet und bis 1964 eingesperrt. Seine Frau Sabine wurde in dieser Zeit ebenfalls drei Jahre lang in ein Arbeitslager gesperrt.
In den insgesamt 14 Jahren seiner Haft erkannte R.W., dass die Zeit der Märtyrer keine vergangene Epoche war. Hier in den Kerkern der Kommunisten saßen die Märtyrer der Gegenwart. Im Gefängnis
entdeckte er auch die „Ökumene des Leidens“. In der Zelle spielten die konfessionellen Unterschiede keine Rolle mehr. Katholiken, Lutheraner, Pfingstler und Orthodoxe waren in gleicher Weise Folter und Schikanen ausgeliefert. Sie feierten dort gemeinsam Abendmahl, beten zusammen und gaben sich untereinander Trost. Die Erfahrung des konfessionsübergreifenden Christseins blieb für ihn prägend.
Für 10.000 US-Dollar konnten norwegische Christen R.W. und seine Familie 1964 freikaufen. Im Westen wurde R.W. der Begründer einer weltweiten Mission, die sich für die verfolgten Christen hinter dem Eisernen Vorhang kümmerte. Er veröffentlichte seine Erfahrungen im kommunistischen Gefängnis in seinem ersten Buch „Gefoltert für Christus“. Es wurde in 65 Sprachen übersetzt und machte R:W: bekannt. In Deutschland existiert noch heute die „Hilfsaktion Märtyrerkirche“, die von R.W. 1969 gegründet wurde. In der ganzen Welt hielt R.W. Vorträge über das Leiden der verfolgten Christen. Das trug ihm nicht nur Freunde ein. Viele Kirchenvertreter, engagiert im Dialog mit den kommunistischen Ländern, betrachteten ihn als Störenfried. Man scheute nicht vor Polemik zurück, um den Pfarrer aus Rumänien unglaubwürdig zu machen. R.W. nannte die Christen, die sich nicht den staatlich kontrollierten Kirchen auslieferten, die „Untergrundkirche“. Ihre Gläubigen trafen sich in Privathäusern oder in den Wäldern und Bergen. „Die Untergrundkirche ist der würdigste Teil der Kirche Christi“, sagte er, „durch das Opfer von Freiheit und Leben hat sie das Recht erworben, gehört zu werden.“ Dazu wollte er beitragen und deren Stimme sein.
„Den Kommunismus hassen aber die Kommunisten lieben“ – das war das Motto, das R.W. ausgab. Er vertrat eine Liebesethik die auch die grausamsten Gestalten der Geschichte und seine eigenen Peiniger einschloss. Man findet bei diesem Antikommunisten kein Wort des Hasses oder der Beleidigung. In seinen Predigten war kein Platz für Hass und Rache, sondern nur für die Liebe Christi. Die konsequente Christusnachfolge war der Kern seiner Theologie. Das Betrachten des Lebens Jesu und die innige Zwiesprache mit dem Auferstandenen konnte in seinen Jahren der Einzelhaft fast mystische Formen annehmen. Trotzdem war R.W. immer ein Prediger der Reformation, der auf das Kreuz und den Gekreuzigten hinwies.
Bis in sein 85. Lebensjahr reiste R.W. und hielt Predigten und Vorträge. In seinen letzten Jahren war R.W. pflegebedürftig ans Bett gefesselt. Ein halbe Jahr nach dem Tod seiner Frau starb er in seinem Wohnsitz in Los Angeles am 17.02.2001.
Werke:
Gefoltert für Christus, 19681 , 199318; Sowjetheilige, 1968; Stärker als Kerkermauern, 1969; Blut und Tränen, 1970; Wurmbrandbriefe, 1973; Das blutbeschmutzte Evangelium, 1973; Antwort auf Moskaus Bibel, 19741, 19884; In Gottes Untergrund, 19771; 19932; Erreichbare Höhen (Tägliche Andachten), 19781, 19912; Kleine Noten, die sich mögen, 1981; Christus auf der Judengasse, 19801, 19962 ; Wo Christus noch leidet, 1980; Ein Brand aus dem Feuer, 1985; Atheismus – ein Weg?, 1986; Ein Mensch in zwei Welten, 1987; Das andere Gesicht des Karl Marx, 19871, 19938; Das Lied der Liebe, 1988; Briefwechsel mit Jesus, 1990; Leid und Sieg, 1991; Aus dem Munde der Kinder, 1992; Sieben Worte am Kreuz, 1993; Die Überwinder, 1994; Allein mit Gott, 1995; Jesus, Freund der Terroristen, 1995; Vollkommener Segen, 1997; Der Spiegel der Seele, 2000
Sekundärliteratur:
Hausin, Michael, 2002, „Vergesst uns nicht, lasst uns nicht allein“, in: Leben Nr. 113, 2002, S. 11; Sutter, Wolfgang, 1994,Gefoltert für Christus , unver. Magisterarbeit Kath-Theol. Fakultät Uni Wien; Cole, Jack, 1988, Richard and Sabina. A Biography of Reverend Richard Wurmbrand and his wife Sabina; Moise, Anutza, 1978, Lösegeld für Wurmbrand; Wurmbrand, Sabine, 1976, Mit und ohne Richard; Wurmbrand, Michael, 1972, Christus oder die rote Fahne.
(M.H)