2012-04-17
Pulsnitzer wollen Missionar ehren (Sächsische Zeitung - Kamenz)
Von Reiner Hanke
Der Kirchplatz soll umgestaltet werden. Auf dem neuen Platz könnte an den Pulsnitzer Bartholomäus Ziegenbalg erinnert werden.
Missionar Bartholomäus Ziegenbalg.
Bartholomäus Ziegenbalg war nicht nur ein frommer Mann und ein berühmter Sohn von Pulsnitz. Er war auch mutig und zu einem großen Abenteuer bereit. Das führte ihn als ersten evangelischen Missionar vor rund 300 Jahren nach Indien. Der Jahrestag der Landung und sein 325.Geburtstag wurden 2006/07 mit einem Ziegenbalg-Jahr gewürdigt.
Seitdem ist es ruhiger um den Missionar geworden. Der Pulsnitzer Stadtrat Maik Förster bringt den Geistlichen jetzt wieder ins Gespräch. Anlass sind die Pläne zur Neugestaltung des Kirchplatzes. Der ist nicht nur holprig, das Pflaster schlecht und voller Stolperfallen. Die Entwässerung ist ebenfalls marode. Deshalb soll der Platz generell umgestaltet und das Parken in geordnete Bahnen gelenkt werden. Für dieses Jahr hat die Stadt 64000Euro eingestellt, um mit den Planungen zu beginnen.
Zugleich ist der Platz geschichtsträchtig. Nicht zuletzt, weil er die Nikolaikirche umschließt. In dem Gotteshaus wird auch an den Missionar erinnert. Für den Pulsnitzer Stadtrat Förster ist der Planungsbeginn auch der richtige Zeitpunkt, über den Missionar zu sprechen. Immerhin könne nicht jede Stadt einen solchen Mann als herausragende Persönlichkeit vorweisen: „Dadurch wird die Weltoffenheit und die internationale Ausstrahlungskraft von Pulsnitz dokumentiert.“ Jetzt gebe es die Chance, an den berühmten Sohn im Stadtbild öffentlichkeitswirksam zu erinnern. Ein entsprechender Antrag soll bereits heute Abend im Pulsnitzer Stadtrat diskutiert werden. Die Ideen müssten jetzt gesammelt werden, bevor die Pläne für den Platz zu weit fortgeschritten seien, ist sich Förster sicher. Dabei sollten die Architekten mitreden. „Vielleicht könnte auch das ,Evangelisch–Lutherische Missionswerk‘ in Leipzig mit einbezogen werden und sogar die Indische Botschaft. Schließlich schob Bartholomäus Ziegenbalg die allerersten deutsch-indischen Beziehungen an“, meint der Stadtrat.
Eigentümer des Platzes ist die evangelische Kirchgemeinde. Der Kirchplatz „ist aber öffentlich gewidmet“, so Pfarrer Heinz Heidig. Gemeinsam mit dem Kirchenvorstand und der Stadt müsse er sich erst einmal mit den Plänen vertraut machen. Dann könne man darüber reden, wie hier an den Missionar erinnert werden könnte. Für sinnvoll halte er den Vorschlag. Es wäre auch eine schöne Geste gegenüber Gästen aus Indien. So wird es kommenden Sonntag einen Gottesdienst mit dem indischen Pfarrer Dr. Christian Samraj geben, der Indienreferent des Leipziger Missionswerkes ist. Er hatte sich bereits bei den Feierlichkeiten zum Ziegenbalg-Jubiläum stark engagiert. Auch Pfarrer Heinz Heidig war selbst bereits in Indien und besuchte die Partnergemeinde der Ev.-Luth. Tamilkirche dort. Sie zählt über 110000 Mitglieder und wurde von Ziegenbalg gegründet. Der Missionar wird aber vor allem auch wegen seines sozialen Engagements noch heute in Südostindien verehrt. So gründete er ein Waisenhaus und drei Mädchenschulen. Sein Einsatz für Frauenrechte brachte ihn sogar ins Gefängnis. „Er war sehr fortschrittlich“, sagte der frühere Pulsnitzer Pfarrer Jürgen Meyer über den Missionar. Und vielleicht wird darüber künftig auch auf dem Kirchplatz etwas zu erfahren sein.