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2011-07-30

Warum 62 Dörfer schnelles Internet über Funk bekommen sollen (Sächsische Zeitung - Kamenz)

Von Reiner Hanke
LANDKREIS / LICHTENBERG
Vor allem in Lichtenberg formierte sich der Protest. Das Landratsamt bezieht nun Stellung.
Landrat Michael Harig (CDU) kann auch mal ein bisschen lauter werden, wenn er sich ärgert. Und die Kritik an der Ausbaustrategie für das schnelle Internet im Kreis, tue weh. Bautzen sei der einzige Kreis im Freistaat, der mit soviel Einsatz die weißen Flecken auf der Karte für das Breitbandnetz beseitigen will, der sich so kümmert. Damit die Wirtschaft konkurrenzfähig bleibt und um die Menschen hier zu halten: „Uns wäre es auch lieber, wenn alle Bürger sofort 50Mbit/s anliegen hätten. Wir können aber keine Dinge tun, die technisch unmöglich sind“, so Harig.

Die Kritik am Konzept für den Internet-Ausbau kommt aus Dörfern, die „nur“ über Funk versorgt werden sollen. Das sind 62. Dagegen kommen 270 Orte ans feste Netz. Vor allem in Lichtenberg, einer Gemeinde mit vielen kleinen Firmen, brodelt es. Auch sie wollen konkurrenzfähig sein und vertrauen der Leistung des Funknetzes nicht. Dass sich die Leute ärgern, könne er verstehen, so Harig, auch die Kritik. Aber der Kreis dürfe nicht dafür verantwortlich gemacht werden.

Warum ist der Kreis der falsche Adressat für die Kritik?

Weil er nicht die Aufgabe habe, Breitbandnetze auszubauen. Das sei Sache der Wirtschaft, so Kreisentwicklungschef Andreas Heinrich. Der Bund habe erkannt, dass das Marktprinzip auf dem Land nicht immer funktioniere. Die Erträge decken die Investitionen der Telekommunikationsfirmen nicht. Die Kundenzahl sei zu gering. Deshalb bleiben sie den Dörfern fern. Damit sich das ändert, sollen Fördermittel die finanzielle Lücke für die Investoren schließen und die Investitionen rentabel machen.

Warum bekommen dann nicht alle Festnetz?

Weil keines der Medienunternehmen ein solches Angebot unterbreitet habe. Der Kreis sei verpflichtet, keine Technologie in der Ausschreibung zu bevorzugen. So können die Anbieter mit den Kriterien wie Kosten, Bedarf und den möglichen Technologien jonglieren. „Der Kreis war letztlich gezwungen, ein Mischangebot aus Funk- und Festnetz zu akzeptieren“, sagt Heinrich. Oder auf den Netzausbau zu verzichten. Es habe nur eine Mindestbedingung für die Anbieter gegeben: 2Megabit/s müssen künftig bei den Kunden anliegen. Das sei für viele betroffene Haushalte das achtfache der jetzigen Leistung. 75Prozent bekommen 16Mbit/s und mehr. Der Kreis habe sich für das beste Angebot entschieden. Es garantiere die höchste Bandbreite und Netz-Zuverlässigkeit.

Hat der Kreis auf Kosten der Dörfer gespart?

Diesen Verdacht haben SZ-Leser. Nein, sagt das Landratsamt. Der Kreis habe vor der Ausschreibung natürlich die zu erwartenden Kosten kalkuliert. Lag damit aber letztlich zehn Millionen Euro über den Angeboten. Die fielen offenbar niedriger aus als erwartet, weil das gesamte Kreisgebiet erschlossen werden kann. Der Kreis hätte auch mehr Geld zugeschossen. Es habe aber definitiv keine Firma gegeben, die Kabel in alle Orte legen wollte. Eine Funk-Versorgung war bei allen Angeboten Bestandteil.

Was verbirgt sich hinter der Funktechnik LTE?

Es ist die modernste Funktechnologie, die es überhaupt erst seit einem Jahr gebe, sagt Andreas Heinrich. Keiner hier vor Ort habe sie bisher wirklich getestet, um sie so vehement abzulehnen. „Wir sollten der Technik eine Chance geben“, wirbt Heinrich.

Wo liegt die Kritik an der Funk-Versorgung?

Es geht um den Preis und Zweifel an der Leistungsfähigkeit. Die äußert zum Beispiel Herr Grund. „Alle Beteiligten in einer Funkzelle teilen sich das Bandvolumen“ dieser Zelle, schreibt er. Was bleibe, wenn alle zugreifen? Diese Kritik sei berechtigt, so Heinrich. Aber eine Alternativ-Lösung gebe es derzeit nicht. Kein Anbieter sei bereit gewesen, ein Kabel nach Lichtenberg, Steina oder die anderen 60 Orte zu legen. Welche Leistung letztlich stabil erreichbar ist, darüber kann man derzeit nur spekulieren, 2Mbit/s sind garantiert. In die Preisstrukturen könne der Kreis nicht eingreifen. Aber das Funknetz sei für alle Telefongesellschaften offen, weil es gefördert wurde. Andreas Heinrich vertraut auf den Wettbewerb, der für sinkende Preise sorgen müsste. Die Bautzener Initiative suche ihresgleichen: „Aber es gibt nichts, was man nicht auch noch besser machen könnte“, sagt der Landrat. Vielleicht seien mit der technischen Entwicklung noch Verbesserungen drin.