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2009-07-15

Stasi-Überprüfung neuer Räte ist umstritten (Sächsische Zeitung - Kamenz)

von Reiner Hanke

Tausende Ex-Stasi-Leute arbeiten im öffentlichen Dienst Sachsens. Diese Nachricht sorgt derzeit für Diskussionen. Die wird es jetzt auch in den neu gewählten Gemeinderäten der Kamenzer Region bei ihren ersten Ratssitzungen im Juli und August geben. Es geht um die Überprüfung der Räte auf Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit der DDR oder andere Kontakte zur Stasi.

keine Verpflichtung

Eine zwingende Verpflichtung dazu gibt es laut Gesetz nicht mehr. Der Kreistag hat sich im Vorjahr dafür entschieden. Ergebnisse liegen aber noch nicht vor. Auch für den Kreisrat und frisch gewählten Pulsnitzer Stadtrat Maik Förster (parteilos) ist die Sache klar: „Angesichts von 17000 Stasi-Leuten in ostdeutschen Behörden gehört es zur politischen Hygiene, die Geschichte aufzuarbeiten“, sagt er. Zumal die Berliner Stasi-Unterlagen-Behörde immer neue Fakten über die Spitzeltätigkeit des MfS aufdeckt. In den Kommunen ist die künftige Praxis aber umstritten. Obwohl auch in der zurückliegenden Legislaturperiode Einzelfälle – zum Beispiel unter Kamenzer und Pulsnitzer Räten – für teilweise heftige Auseinandersetzung sorgten.

an der Praxis festhalten

Die Großröhrsdorfer Hauptamtsleiterin Doris Muschter hat den Punkt Überprüfung bereits auf die Tagesordnung der ersten Ratssitzung gesetzt. Auch alle neuen Mitarbeiter der Verwaltung sollen die Prozedur bei der Gelegenheit durchlaufen: „Es ist wichtig nach außen zu dokumentieren, dass niemand etwas zu verbergen hat.“ Bisher habe es im Rat nie eine Gegenstimme bei diesem Punkt gegeben.

Rathauschef ist skeptisch

Ob das Thema diesmal überhaupt bis in den Kamenzer Rat gelangt, das ist unklar. Der trete am 12.August erstmals zusammen, könne also frühestens ab diesem Zeitpunkt darüber beraten, so Oberbürgermeister Roland Dantz zurückhaltend. Er lässt aber keinen Zweifel an seiner Meinung zur sogenannten Stasi-Überprüfung: „Ist es vielleicht 20 Jahre nach dem Mauerfall und 19 Jahre nach der Wiedervereinigung Zeit, mit dieser ‚Überprüfungsmasche‘ aufzuhören?“ Können wir Geschehenes ungeschehen machen?“ Der einzelne könne aber auf den Anderen zugehen, rät der OB. Zumal die Überprüfung keine rechtlichen Auswirkungen hätte und der Rat eigentlich keine Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen.

Einige wollen verzichten

Bretnig-Hauswalde verzichtet erstmals nach einer Wahl auf eine Überprüfung: „Wir sind dazu nicht verpflichtet“, so Gemeindechefin Katrin Prescher. Auch in Elstra steht ein neuerlicher Antrag bei der Birthler-Behörde nicht zur Debatte. Die Kommune orientiere sich am Gesetz, das das nicht mehr vorschreibe. Überdies sei diese bisher ergebnislos geblieben.

Alles noch offen

In Pulsnitz sei die Tagesordnung für die erste Sitzung noch nicht komplett und diese Frage noch nicht beraten worden, so Hauptamtsleiter Christian Mögel. Anträge aus den Fraktion gebe es noch keine. Für den künftigen Stadtrat Förster ist die Sache klar. Abgeordneter sei ein vertrauensvolle Tätigkeit: „Jemand, der andere bespitzelt hat, gehört in keinen Rat.“

Rat soll abstimmen

Die Königsbrücker Stadtverwaltung wird dem Bürgermeister Heiko Driesnack wieder empfehlen, über eine neuerliche Überprüfung der Stadträte und Mitarbeiter auf Zugehörigkeit bei der Staatssicherheit abzustimmen, sagt Hauptamtsleiterin Flavia Rammer.

Bislang hat es in Königsbrück nach jeder Wahl einen Beschluss gegeben, alle Räte nochmals zu überprüfen. „Vor allem Räte, die lange dabei sind, wurden so zwei- oder drei Mal überprüft“, so Flavia Rammer. Fünf neue Räte würde das Vorgehen nun erstmals betreffen. (SZ/ha/cb/if/rk)