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2012-09-25

„Ich glaubte an Gesetzestreue. Ich war ein Narr!“ (Sächsische Zeitung - Kamenz)

Von Olfo Papst

Wie der Ortschaftsratschef das drohende Ende der Grundschule im Dorf sieht.

Schimpft mich einen Lügner! Im guten Glauben habe ich an vielen Stellen über die geglückte Fusion von Oberlichtenau und Pulsnitz berichtet. Jetzt muss ich feststellen, dass wir lange noch nicht angekommen sind. Ich sprach von der Verbindlichkeit von Verträgen und der Rechtssicherheit dieser Vereinbarungen. Ich war ein Narr! Ich vertraute auf die jahrelange Zusammenarbeit in der Verwaltungsgemeinschaft, aber auch hier konnte ich mich lediglich auf die Kämmerin verlassen. Fusion hat nichts mit Verträgen und Verbindlichkeiten, sondern ausschließlich etwas mit Menschen zu tun. Es sind immer Menschen, die nicht mit offenen Karten spielen, und es ist allem Anscheine nach menschlich, schmerzfrei zu entscheiden.

Dabei kann man schon mal Fakten ignorieren und Konsequenzen ausblenden. Mit einem Handstreich soll in Oberlichtenau durch Pulsnitzer Stadträte eine Schule geschlossen werden, deren Wurzel bis 1556 zurückreicht. Als Vorwand wurde ein Brandschutzgutachten angeführt. Dem Planungsbüro wurde unter Androhung von Strafe der Mund verboten. So konnten sich Bürger, die nachfragten, und Stadträte, die ihre Entscheidung untermauern wollten, kein Bild vom Anliegen und möglichen Lösungen machen. Die Hände wurden gehoben, ohne alle Entscheidungsgrundlagen zu haben. Unterlagen, einen Tag vor der geschlossenen Sitzung versandt, konnten sich Nichtstadtratsmitglieder durchlesen und eine Stellungnahme dazu abgeben. So wurde in Pulsnitz eine Handlungsempfehlung an die Stadtverwaltung gegeben, die einen bestehenden Beschluss außer Kraft setzen soll. Bitte, liebe fusionswillige Bürger der umliegenden Gemeinden, verzeihen Sie mir meine Naivität, denn ich glaubte an Absprachen und an Gesetzestreue!

Ich stimmte als Rat für den Erhalt der Grundschule in Oberlichtenau. Grund genug für viele betroffene Eltern, sich an mich zu wenden. Ich erfuhr in Oberlichtenau auch von Pulsnitzer Eltern Beistand und bekam Hilfsangebote für den weiteren Einsatz für geltendes Recht. Das ist offenbar Grund genug für die Stadtverwaltung, mich lahmzulegen. Am 20. September bekam ich als Ortsvorsteher eine Aufforderung, alle maroden Gebäude in Oberlichtenau zu archivieren, ihren Zustand einzuschätzen, Nachnutzungskonzepte dafür zu entwickeln und vorzulegen – und das für alle leer stehenden Privat- und Geschäftsgebäude. Alle ortsbildprägenden und ortsfunktionalen Gebäude soll ich benennen und Schlüsselmaßnahmen zur Entwicklung vorlegen – und das alles bis 26. September. Ich bin ehrenamtlicher Ortsvorsteher, und kein Stadtrat im Ortsteil Pulsnitz muss Ähnliches tun. Dafür werden Abertausende an die KEM GmbH gezahlt, ein Unternehmen, das mit der Erstellung eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes beauftragt wurde.

Ich mach dies öffentlich, weil ich unterstelle, dass man die anderen Vertragsbestandteile unseres Fusionsvertrages damit ad absurdum führen will. Später wird man sich darauf berufen, dass der Ortschaftsrat keine Zuarbeit geleistet hat und damit keine Fördermittel (bis zum 30. September) beantragt werden konnten. Grund genug, im Ortsteil keine Investitionen mehr durchzuführen. Es tut weh. In guter Absicht und mit Gottvertrauen haben wir den Schritt in die Fusion gewagt. Szenarien der Änderung wurden vertraglich fixiert – aber es sind Menschen, die entscheiden.

Laden Sie mich wieder ein. Ich kann über die Fusion zweier ungleich großer Kommunen berichten. Und ich kenne nun zwei Seiten; eine schlechte und eine gute.

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Anmerkung:

Dass Olfo ein Narr ist - da widerspreche ich nicht - es ist völliger Unsinn, im laufenden Geschäft zu glauben, dass Verträge die einmal geschlossen sind nicht immer wieder neu verteidigt und mit Leben ausgefüllt werden müssen.

Alle Räte haben gelobt, das Beste für die Stadt herauszuholen und die Interessen der Stadt nach geltenden Recht nach innen und außen zu vertreten.
Ein Aufruf gegen Fusionen mit Nachbargemeinden ist ein klarer Bruch des Gelöbnisses

Maik S. förster