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2011-04-30

Kritik am Personalmangel bei der Polizei (Sächsische Zeitung - Kamenz)

Von Reiner Hanke & Frank Oehl

Das Revier kann nicht mehr jedes Dorffest absichern. Die Gemeinden sind gefordert, doch wie soll das gehen?

Der Unmut in den Kommunen über mangelnde Polizeipräsenz wächst. Pausenlos muss der Großröhrsdorfer Stadtbauhof ausrücken, um Bänke zu reparieren. Jüngster Höhepunkt war ein demoliertes Buswartehäuschen auf der Rathausstraße. In anderen Städten zwischen Kamenz und dem Rödertal sieht es ähnlich aus. Gerade nach Veranstaltungen gibt es Zerstörungen.

Rowdys spielen wilde Sau?

So wurden nach einer Party in Oberlichtenau Zäune ramponiert. In Pulsnitz drang der Ärger mit den Rowdys nun bis in den Stadtrat. „Jeder Rentner werde zur Kasse gebeten, wenn er die Parkscheibe falsch eingestellt hat“, schimpfte jetzt Bibelgärtner Maik Förster. Auf arglose Bürger werde Jagd gemacht, aber Rowdys dürfen wilde Sau spielen. Da laufe etwas falsch, so Förster.

Die Kritik an der Sicherheitslage und dem Personalmangel bei der Polizei geht quer durch die Stadträte und Rathäuser der Region. Bald beginnt die Volksfestsaison. Damit wächst die Angst vor Zwischenfällen. So wurde in Pulsnitz auch die Forderung nach einer Arbeitszeitverlagerung für Ordnungsamtsmitarbeiter laut. Mit dem Ordnungsamt seien die Probleme aber nicht zu lösen, schätzt der Pulsnitzer Rathauschef Peter Graff (FDP) ein. Sicherheitskontrollen nach öffentlichen Veranstaltungen oder Partys gehörten nicht zu dessen ursächlichen Aufgaben. Die blieben dann am Ende auf der Strecke. Außerdem sei der Job viel zu gefährlich für die Mitarbeiter.

Auch die Veranstalter seien mit Kontrollen nach den Events überfordert, so der Tenor bei den Pulsnitzer Kommunalpolitikern. Bürgermeister Graff: „Das ist Sache der Polizei.“ Und natürlich nicht nur in der Pfefferkuchenstadt. Der Pulsnitzer Nils Schieblich habe als Eventmanager jede Menge Erfahrungen mit Veranstaltungen in der Region, aber auch mit den Möglichkeiten der Beamten in Blau. Er suche immer wieder den Kontakt zum Revier: „Die haben keine Leute, es ist leider so“, sagte er jetzt. Aber „gerade beim Stadtfest brauchen wir Streifen nach 3Uhr.“ Das steht schon Anfang Mai an. In Großröhrsdorf Ende Mai das Einigkeits-Fest. Dann folgen zahllose Dorffeste. Deshalb sehe er keinen anderen Weg, so Graff, als in Zusammenarbeit mit der Polizei und den Veranstaltern, die Randalierer in den Griff zu bekommen.

Das Hauptproblem liege „an einzelnen Leuten, die für die Zerstörungen verantwortlich sind“, so der Pulsnitzer Schützenhauswirt Dirk Busch. Er sieht Mängel in der Erziehung als Ursache und eine wachsende Zahl solcher Randalierer. So zumindest seine Erfahrung.

Im Freistaat hingegen wird anders gerechnet. Angesichts sinkender Bevölkerungszahlen sei man gezwungen, bei den Beamten pro Einwohner zu sparen, begründete der Kamenzer Landtagsabgeordnete Aloysius Mikwauschk die Pläne für einen dramatischen Personalabbau beim Land in den kommenden Jahren. Darunter 2600 Polizisten bis 2020. Es bleibt aber die Frage offen, ob sich auch Rowdys und Randalierer an den demografischen Faktor halten.

Die Kommunen sehen die Pläne immer kritischer. Sie wollen den Freistaat und die Ordnungshüter nicht so einfach aus der Verantwortung entlassen. Peter Graff: „Wir müssen mit der Polizei reden, damit die Beamten gerade bei Veranstaltungen mehr Präsenz zeigen.“

Attraktion Streifenwagen?

Im Polizeirevier Kamenz ist Streifendienstleiter Ulrich Knöpfle eher skeptisch, was das betrifft. „Große Veranstaltungen wie den Tag der Sachsen, den Lausitzer Blütenlauf, den Faschingsumzug in Königsbrück oder das Kamenzer Forstfest sichern wir selbstverständlich mit ab.“Man könne aber nicht mehr auf jedem Dorffest mit einem Streifenwagen stehen, wie früher – wo dieser selbst häufig zur Attraktion wurde, vor allem für Kinder. „Im Ernstfall muss ich schnell Kräfte mobilisieren können, die nicht zur gleichen Zeit Lampionumzüge oder Hexenfeuer absichern.“ Bestimmte Veranstaltungen – auch im Straßenraum – könnten durch Ordner gesichert werden. Dies setze freilich eine entsprechende verkehrsrechtliche Anordnung durch die Stadt oder Gemeinde voraus, die das Handeln der Ordner regele.