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2009-07-13

Down-Syndrom-Kinder tollen im Bibelgarten (Sächsische Zeitung - Kamenz)

Von Frank Sühnel

Franziska und Lydia spielen im Bibelgarten. Kinder mit und ohne das Down-Syndrom vergnügten sich gleichermaßen bei dem Treffen.Foto: René Plaul
Auf den ersten Blick und auch auf den zweiten ist alles ganz normal. Die Kinder toben durch das Gelände im Oberlichtenauer Bibelgarten, freudiges Gekreische, Bälle fliegen, wilde Bobbycarfahrten starten und natürlich gibt es auch Tränen nach einem Sturz oder einem kleinen Zank ums begehrte Spielzeug. Die Eltern stehen entspannt daneben, reden, stets die Kinder im Blick. Es gibt Kaffee, Kuchen, Leckeres vom Grill. Erst beim genaueren Hinschauen ist zu sehen, die meisten Kinder, die da spielen, haben das Down-Syndrom (DS). Zu erkennen nur an den dafür typischen Gesichtszügen.

Eingeladen nach Oberlichtenau hatten Kati Hohmann und Manuela Gendeck, beide haben ein Kind mit dem Down-Syndrom. Es ist der erste offizielle Treff für Eltern mit DS-Kindern der Region um Kamenz, wo es vier oder fünf Kinder mit DS gibt, wie Hohmann vermutet. Rund zehn Elternpaare mit ihren Kleinen sind dazu gekommen, das Jüngste anderthalb Jahre, das Älteste fünfzehn. „Es ist der Anfang, der Start für den Aufbau unserer Selbsthilfegruppe, die wir am 21. März 2010 gründen wollen“, erklärte Kati Hohmann. Das Datum ist ganz bewusst gewählt, denn es ist der Welt-Down-Syndrom Tag. Die Behinderung trägt auch den Namen Trisomie 21, da das Chromosom 21 in jeder Zelle dreifach vorhanden ist, statt wie normal zweifach.

Hilflosigkeit nach der Diagnose

„Eine solche Gruppe vor Ort ist wichtig. Die nächsten Gruppen befinden sich in Neukirch/Lausitz oder Dresden. Das ist einfach zu weit weg“, so Hohmann. Einige der Gäste, von denen sogar welche aus Cottbus anreisten, haben die beiden Initiatorinnen noch nie gesehen, doch dank Internet und Medien haben sie hergefunden. „Und das ist ja auch der Sinn der Sache, dass sich Betroffene zusammenfinden, miteinander reden können und ihr Wissen austauschen“, sagte Manuela Gendeck. Denn die erste Erfahrung, die die Eltern entweder nach der Diagnose DS oder nach der Geburt des Kindes machen, sei die der Hilflosigkeit und des Alleinseins, wie Hohmann weis. „Im Krankenhaus lagen nicht mal Broschüren aus. Uns konnte keiner sagen, wo wir Hilfe finden“, erzählte sie. Da habe es unheimlich geholfen, mit anderen Betroffenen zu reden. Diese Gemeinschaft ist deutlich zu spüren. Jede ankommende Familie, ob bekannt oder erstmals hier, ist sofort integriert, befindet sich im Gespräch mit den anderen. Schranken, wie bei „normalen“ Familien, gibt es hier kaum. Immer noch gebe es in der Bevölkerung viele Vorurteile, die es auszuräumen gelte. So auch dass, das DS eine Krankheit sei und die Kinder leiden. „Sie leiden nicht, leben ein fast normales Leben. Problematisch sind manchmal die sie begleitenden Krankheiten, etwa 50 Prozent der Kinder haben einen Herzfehler“, weis Gendeck. Diesen Kampf um die Normalität führen die Eltern ständig, vor allem wenn es um den Besuch von Kindergärten oder Schulen geht. Da sollen die Kinder mit Trisomie 21 wenigstens die Chance auf den Besuch einer normalen Kita und Schule haben. „Es ist falsch, sie von vornherein auf die ‚Geistig-Behinderten-Schule‘ zu schicken, dann nimmt man ihnen die Chance der Teilhabe am normalen Leben“, ist Gendeck ärgerlich über die bisher verbreitete Praxis.

Rabauken mit und ohne DS

Im Bibelgarten gibt Maik Förster, gern den Gastgeber, weil es ihm eine Herzensangelegenheit sei. Zudem ist er der Pate des Kindes von Kati Hohmann. Mit seinem Sohn Martin grillt er für alle. Die Bratwürste schmecken den Kindern und als es zum Gruppenfoto geht, erklimmen die Rabauken, ob mit DS oder ohne, das biblische Wasserrad und sind so schnell nicht runter zu locken. Alles ganz normal.